Anthropozentrische Fehleinschätzungen

Die Naturwissenschaften in Politik, Theologie, Bioethik, Pädagogik und Jurisprudenz

Seite 1    Seite 2    Seite 3    Seite 4    Seite 5    Seite 6    Seite 7    Seite 8

Armin Hermann
Armin Hermann
Physiker

"Unfreundlich und launenhaft war die Natur. Hart musste ihr abgerungen werden, was der Mensch brauchte, um sein Leben zu fristen. Im Schweiße seines Angesichts aß er sein Brot.
Die Alten erzählten von den Plagen, mit denen Gott die Welt heimsuchte. Nur kurz war die Spanne Zeit, die er dem Menschen zugemessen hatte, aber sie reichte aus, um zu erfahren, was Epidemien bedeuteten, Missernten und Viehseuchen, Feuersbrunst, Dürre und Heuschreckeneinfall. Bauern und Bürgern schickten sich in das Unvermeidliche und dankten Gott, wenn die Katastrophe halbwegs überstanden war. Als die historische Forschung begann, ihr Augenmerk auch auf die gewöhnlichen Zeitgenossen und nicht mehr nur auf Könige und Heerführer zu richten, entstand allmählich ein ganz neues und wahrlich ernüchterndes Bild der Lebenswirklichkeit früherer Epochen. Im Mittelalter und noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts war die Welt ein Jammertal, und zu jedem Augenblick musste der Mensch seines letzten Stündleins gewärtig sein [...]
Aus Zehntausenden von [Kirchenbuch-] Eintragungen [...] hat der Sozialhistoriker Arthur E. Imhof in einer »Fallstudie« das Resümee gezogen:
»Für unsere Vorfahren war der grobschlächtig verfahrene Tod eine selbstverständliche Erscheinung in ihrem Alltag. Mittels einer Handvoll immer wiederkehrender Todesursachen: Pocken, Bauchtyphus, Fleckfieber, Cholera, Pest schlug er überall zu, in jedem Alter, in jedem Stand; er traf Männer wie Frauen, Säuglinge und Kinder, Verheiratete und Ledige.«

Dann schuf sich der Mensch die Wissenschaft.

Bezwungen wurden die Pest, die Cholera und all die anderen großen Seuchen, die ehedem Hunderttausende in wenigen Tagen dahingerafft hatten.

Wasser- und Windmühlen befreiten den Menschen von der ärgsten Fron. Am eigenen Leibe spürten die Zeitgenossen, was Fortschritt bedeutete."


Forschung

Reinhard W. Kaplan
Molekularbiologe

"Die Naturwissenschaft ist darauf aus, zuverlässiges Wissen über die reale Welt zu gewinnen [...], um in dieser Welt zu handeln. Das Handeln ist umso erfolgreicher, je zutreffender das Gedankenbild die wirkliche Beschaffenheit der Welt wiedergibt [...] Mit Realität bzw. realer Welt meinen wir ja das unabhängig und außerhalb vom Bewusstsein Existierende und Wirkende.
Je öfter eine kausale Ereignisfolge beobachtet wurde, um so mehr erwarten wir ihr Wiederauftreten in der Zukunft, und je öfter sich die Erwartung bestätigt, desto sicherer wird die Verallgemeinerung, dass sie auf einem allgemeinen Gesetz beruht, nach dem die Realität strukturiert ist.

Ein Naturgesetz ist eine isomorphe Abbildung der Kausalstruktur eines Stückes der Realität.

Es kann als sprachliche Aussage, aber auch als mathematische Formel, chemische Reaktionsgleichung oder dergleichen wiedergegeben werden. Letztere quantitativen Formulierungen des Faktorengefüges erlauben, die Effekte in ihrem Ausmaß zu berechnen und vorherzusagen. Sie sind daher besonders wertvolle Werkzeuge für erfolgreiches Handeln, wie unsere wissenschaftlich fundierten Techniken bezeugen."


Seite 1    Seite 2    Seite 3    Seite 4    Seite 5    Seite 6    Seite 7    Seite 8